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Astrid Sacher und Frédéric Camus als Winnie und Willie überzeugten ihr Publikum am Freitag im Kulturkeller Oppenheim bei der Premiere des Theaterstücks „GlücklicheTage“ von Samuel Becketts. Winnie redet und redet. Über Gott und die Welt, ihre Tagesordnung, die Schwerkraft und vergangene Zeiten ihrer Ehe. In gelegentlichen Pausen kramt sie in ihrer Tasche, holt Zahnbürste, Lippenstift oder Spiegel hervor, und vollzieht damit sorgfältig ihre Alltagsrituale.Ehemann Willie liegt hinter ihr und schläft die meiste Zeit. Dann und wann steht er schwerfällig auf, liest ein wenig in der Zeitung, legt sich wieder hin.

Auf Winnies häufige Fragen antwortet er nur sporadisch, selten im ganzen Satz. Doch Winnie wähnt sich glücklich. „Was würde ich nur tun, wenn du nicht da wärst?“, fragt sie, denn: Zu wissen, dass da jemand ist, der ihr theoretisch zuhören könnte („…ich meine, nicht, dass du es praktisch tätest…“), genügt ihr, um sich nicht einsam zu fühlen. Jeder kleine Anlass - ein brummiges „Ja“ von Willie, eine krabbelnde Ameise, ein prüfender Blick in den Spiegel - reicht ihr aus, glückliche Momente zu sammeln. So dass sie immer wieder sagen kann: „Was macht das schon, sage ich immer, es wird ein glücklicher Tag gewesen sein, trotz allem, wieder ein glücklicher Tag.“ Mit dieser Eigenproduktion unter der Regie von Christian Lugerth hat das Festspielensemble pg-gretchen ein Experiment gewagt und erstmals ein Stück aus der Sparte „absurdes Theater“ ins Programm der Festspiele gebracht. „Alttägliches“ einer Ehe Samuel Beckett, 1969 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet, verarbeitet in seinen Stücken die Absurdität des 20. Jahrhunderts und zeigt in tragikomischer Weise Grundzüge und Eigenarten der menschlichen Existenz. Das 1961 uraufgeführte Stück „Glückliche Tage“ gehört zu seinen meistgespielten Werken und ist nach wie vor aktuell. So fände man darin ebenso die „alltägliche Kommunikationslosigkeit mancher Ehen“, sowie das „Prinzip Hoffnung im Aufrechterhalten von Ritualen“ wieder, so Stadtratsbeigeordnete Cornelia Brem-Pfeffer. Astrid Sacher, zugleich künstlerische Leiterin der Spiele, und Frédéric Camus stellen Winnie und Willie auf so eindringliche und grotesk-humorvolle Weise dar, dass der Zuschauer sich ebenso davon unterhalten lassen, wie darin wieder finden kann.