Astrid Sacher überzeugte bei der Aufführung im Amtskeller als "Winnie", die in Becketts Stück "Glückliche Tage" die tragende Rolle hat.

Vom 06.10.2008

OPPENHEIM Im Rahmen der Festspiele feierte das Ensemble PG-Gretchen jetzt Premiere mit Samuel Becketts "Glücklichen Tagen". Das Stück zeigt die bittere und traurige Liebesgeschichte von Winnie und Willie.

Von Bergund Hilgers

Das Drama ist eigentlich ein "Ein-Frau-Stück", denn Winnie (Festspielleiterin Astrid Sacher) ist - bis auf ganz wenige Ausnahmen - die einzige, die spricht. Bis zu ihrer Taille in einem Erdhügel vergraben, ist sie in der Wüste unter freiem Himmel dem grellen Licht ausgesetzt. In ihrem Rücken, meist verborgen hinter einem Erdhügel, lebt ihr Ehemann Willie (Frédéric Camus), der schläft oder Zeitung liest und schweigt. Winnie überdeckt die Leere in ihrem Leben mit Reden. Solange sie redet, existiert sie und kann weitere glückliche Tage genießen. Doch allein die Präsenz der beiden Personen auf der Bühne, gekoppelt mit dem Fehlen von Gesprächen, spiegelt ihre traurige Geschichte wider, so real wie irreal, so zum Lachen wie zum Weinen.

Für Winnie gilt das Prinzip Hoffnung: Beim Zelebrieren ihrer täglichen Rituale wie Beten, Zähne putzen, Schminken und Brille putzen gleitet sie in schöne Erinnerungen und Träume ab und kann so erfolgreich ihre Angst vor Vereinsamung, Leere und Vergänglichkeit verdrängen. "Weißt du, was ich manchmal träume, Willie? Dass du auf diese Seite herumkommst und lebst, wo ich dich sehen könnte", wünscht sie sich vergeblich. Und sie hilft sich mit Sätzen wie "Keine Besserung, keine Verschlimmerung, keine Veränderung." Immer wieder findet Winnie in ihrer trostlosen Situation Anlässe, sich glücklich zu fühlen. Eine krabbelnde Ameise, ein knappes Wort ihres Mannes oder ein Gedicht lassen sie ihren Optimismus behalten. Selbst als sie am Ende nur noch ihre Augen bewegen kann, bleibt sie dennoch zuversichtlich: "Was macht das schon, sage ich immer, es wird ein glücklicher Tag, ein glücklicher Tag gewesen sein, trotz allem wieder ein glücklicher Tag." In ihrer äußersten Trostlosigkeit wirkt Winnie auf groteske Weise komisch.

Das 1961 geschriebene Stück "Glückliche Tage" gehört zu den bekanntesten Werken von Samuel Beckett (1906 bis 1989). Er wurde vor allem bekannt durch sein Theaterstück "Warten auf Godot", das 1953 uraufgeführt wurde und die Stilrichtung des "Absurden Theaters" mit prägte. 1969 erhielt Beckett für sein umfangreiches Werk den Nobelpreis.

Für Cornelia Brem-Pfeffer, Beigeordnete für Kultur in Oppenheim, ist Samuel Becketts "Glückliche Tage" ein Kennzeichen unserer Zeit mit hochaktuellem Inhalt. "Wir überleben oft scheinbar durch das Aufrechterhalten von Ritualen und durch das Prinzip Hoffnung", sagte sie nach der Premiere. "Beckett ist sehr aktuell und ich bin froh, dass sich Kulturausschuss und Stadtrat für dieses Stück entschieden haben."

Oppenheim, 2008

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